Klaus Grape Drucken

Kosmos und Empathie
Die Bilderwelt des Klaus Grape

Nichts ist Realismus, nichts Dokumentation in den Bildern Klaus Grapes. Natur und Scheinnatur zeigen sich als intuitive Darstellung einer unberührten Welt ("Don't touch me"): in jener Leere des Kosmos, bevor er durch die Schöpfung oder Entstehung möbliert und menschlich wurde. So bleibt die Frage offen, ob seine Bilder die Schöpfung vor der Erschaffung des Menschen widerspiegeln oder ob der Kosmos wieder unbelebt geworden ist: wüst und leer nach einer für alles Leben tödlichen Katastrophe, und dennoch (oder deshalb?) so faszinierend schön.

Pure Farbpigmente, Kies, Sand, Acrylbindemittel, Glasperlen und Swarovski-Diamanten aus der Fabrikation in Wattens: Grapes Acrylbilder verändern sich für den Betrachter ständig durch die unterschiedliche Lichtreflexion ihrer Materialien, der weichen runden Glaskügelchen, der synthetisch hergestellten Diamanten, die sich im kristallinen Widerschein verwandeln, und der scharfkantigen Glassplitter; der Charakter der Bilder verändert sich beim Vorbeigehen, und gelegentlich entwickeln sie ihre Farb- und Strahlkraft erst im abgedunkelten Raum, wenn sie mit einer Schwarzlichtleuchte beleuchtet werden. Sie laden trotz ihrer Abstraktion ein, in Grapes Traumlandschaften Mikrokosmisches und Makrokosmisches zu entschlüsseln und frei assoziierend auch zu entdecken. Grape zeigt imaginäre Landschaften, die Kälte oder Wärme ausstrahlen und die an geografische Konturen von Kontinenten erinnern, wie fotografiert aus der Perspektive der Satellitenkameras: eine Einladung zum Blick auf eine unbekante, so nicht existierende Welt.

Mal deutet sich hinter neonschrillem Vordergrund eine düstere Skyline an (Manhattan?), mal erinnern die großformatigen Bilder (1.80/1.80m) an Auszüge aus einem Satelliten-Weltatlas, der aufgwühlte Meere, ozeanische Tiefen und Untiefen, einem Flussdelta ähnliche Landschaften, vermeintliche Auffältelungen montaner Höhenzüge wie in fotografischer Präzision wiedergibt, mal zeigt sich eine der Meeresgischt ähnliche Struktur, nur dass das Wasser zu Schneeflocken kristallisiert ist, mal dunkeln vermeintliche Industrielandschaften mit rauchenden Schloten unter der fahlen Sonne vor sich hin: nur die Wolken deuten explosive Sprengkraft an. Und immer stellt sich die Frage wie in Cormac McCarthys Roman "The street", wo in diesen archaischen Räumen die letzten Menschen nisten oder ob sie sich im Untergang verloren haben. In wieder anderen Bildern entfalten sich Wabenstrukturen wie Konstrukioonsanleitungen aus Technik oder Biologie.

Bunte Kreise erinnern vorschnell an die frühen Seerosenintuitionen von Monet, aber Klaus Grape verweigert sich jeder vorschnellen Zuordnung und stilistisch oder kunsthistorisch einschränkender Festlegung seiner Malerei, selbst in seinen konstruktivistischen Bildern. Nicht zufällig heißt eines seiner Bilder: "We set a night on fire".

Klaus Grape wurde am 27. Juni 1961 in München geboren. Wegen eines einzelnen Bildes, letztlich wegen seines künstlerischen Autonomieanspruchs, vom Gymnasium verwiesen, besuchte er die Fachoberschule für Gestaltung in München. Nach seinem Abitur studierte er Architektur; 1984 schloss er seine Ausbildung als Innenarchitekt ab. Für einige Jahre reiste er durch die Welt; in Südafrika widmete er sich Projekten des Ladenbaus und des Designs, zwei Ausstellungen im National Art Museum und in der Natalie-Knight-Galerie zeigten in Johannesburg einen Querschnitt seines frühen künstlerischen Schaffens. Es überrascht nicht, dass er einen Plakatwettbewerb zum 100. Stadtgründungstag dieser südafrikanischen Stadt gewann.

Zurück in München gründete er ein kleines Architekturbüro; in dieser Zeit verwirklichte er mehrere Projekte mit dem Aktionskünstler Wolfgang Flatz und dem Grafiker Ron Immelauer. Seit dem Jahr 2005 widmet er sich hauptberuflich der Malerei.

Ausstellungen mit seinen Werken wurden im Großraum München u. a. in Höhenkirchen, Ottobrunn, in unsere artLounge in Schwabing und im Bayerischen Rundfunk gezeigt, seine Bilder präsentierten in Ausstellungen auch die Landesbank Berlin und Staatsbank Berlin.

Große Bildformate fordern zur Betrachtung aus dem Abstand auf. Jede Annäherung an die Albtraum- und Traumlandschaften Klaus Grapes bringt überraschende Erkenntnisse: im Makrokosmos entschlüsseln sich mikrokosmische Grundstrukturen - voller Rätsel und Spiegelungen, und es entschlüsselt sich der künstlerische Schaffensprozess Grapes als Schwebezustand zwischen Angst und Hoffnung, Staunen und Entsetzen.

Wenn Joseph Beuys die "Intuition als die bessere ratio" bezeichnete, dann ist auch die Bilderwelt des Klaus Grape nicht zufällig von solcher Beuys'schen Philosophie geprägt, die nicht abbilden sondern mitfühlen lassen will: zum Beispiel das Filigrane und die Fragilität des Blauen Planeten, der - von Klaus Grape wie aus dem All betrachtet und beobachtet - seine Bahnen zieht: unendlich schön und unendlich gefährdet.